Das alte Boot ist gesunken, die Träume jedoch nicht: Geschichte zur Bootssuche
Nach dem Untergang der Jambo und meiner Rettung im Südatlantik machen Anke und ich uns viele Gedanken, wie es weitergehen soll. Vielleicht sollten wir unsere Reisen in einem Wohnmobil fortsetzen. Das hat definitiv auch seinen Reiz und bietet noch einmal ganz andere Möglichkeiten. Olli von der Pandora ist diesen Weg nach dem Untergang seiner Hanse im Nordatlantik (2019) gegangen und fand sich mit seinem „Beast“, so hieß das Wohnmobil, dann doch immer am Wasser wieder. Danach ist er wieder auf ein Segelboot umgestiegen. Uns würde es ähnlich gehen, das ist sehr früh klar, denn es zieht uns aufs Wasser.
Das Erlebte im Südatlantik und dort in Seenot gewesen zu sein, ist anfangs natürlich noch ganz frisch. Es hätte auch anders ausgehen können, das ist mir klar. Aber als optimistischer und positiver Mensch, der mehr nach vorn als nach hinten schaut, stecke ich das Erlebte schnell und gut weg. Trotzdem werde auch ich von Risikoaversion, Ängsten und Bedenkenträgern beeinflusst. Das Risiko, allein einen Ozean zu überqueren, muss man kennen und mir ist natürlich immer bewusst gewesen, auf was ich mich da einlasse. Entsprechend gut war der Ernstfall vorbereitet. Ängste helfen mir nie, aber meist kann ich sie ausblenden, insbesondere in kritischen Situationen werde ich besonders ruhig, konzentriere mich auf die Aufgabenstellung und blende den Rest aus. Bedenkenträger haben mich in der Vergangenheit tatsächlich schon das ein oder andere Mal schwer verunsichert, aber nie von meinen Vorhaben abgehalten. Wenn ich immer auf sie gehört hätte, würde ich wohl heute noch in den Niederlanden segeln, wo es im Sommer natürlich wunderschön ist, mir damals jedoch schon nicht genügte.
Im Oktober, kurz nach meiner Rettung, auf der Fahrt mit dem Frachter Alanis nach Südafrika, überlegen Anke und ich schon, was für ein Boot wir uns kaufen wollen. Wir haben uns vorher keine Gedanken zu dem Thema gemacht und ein „Traumboot“ haben wir nicht im Kopf. Ob ich wieder Ozeane überqueren werde, lasse ich mir zu dem Zeitpunkt noch offen. Aber ob das Boot nun im Südatlantik sinkt oder 20 sm vor einer Küste im Mittelmeer, macht keinen ganz großen Unterschied, man wird nur schneller gerettet. In eine Rettungsinsel möchte ich auf keinen Fall ein zweites Mal steigen müssen, das steht fest. Also soll das neue Boot deutlich robuster, größer, mit Ruder am Skeg und möglichst zwei Bädern ausgestattet sein, um auch einmal mit Crew längere Fahrten segeln zu können. Etwa 40 bis 45 Fuß soll sie lang sein.
Zurück in Deutschland konzentrieren wir uns auf Aluminium- und Stahlschiffe und auf den einschlägigen Suchplattformen finden wir etliche Boote im Angebot. Mit vielen Freunden telefoniere ich und hole mir Rat. Ovnis finden Anke und ich anfangs gut, aber ganz viele sind nicht auf dem Markt und oft sind sie weit entfernt. Wir schränken unseren Suchradius anfangs so ein, dass die Boote mit dem Auto erreichbar sind. Schnell sind ein paar möglicherweise passable Yachten gefunden.
Im November letzten Jahres geht unsere erste Autofahrt in die Niederlande. Dort liegt ein 13 m langes Stahlschiff. Die Vorfreude, es zu sehen, ist groß. Der Makler zeigt es uns. Aber schon beim Eintritt unter Deck riecht es nach Diesel. Damit ist das Thema für mich schon durch. Der Makler meint noch, das könnte man in den Griff bekommen. Aber ich denke, wenn die Dieselleckage einfach zu beseitigen wäre, hätte es der Eigner schon selbst gemacht. Auch entspricht der Zustand des Bootes ganz und gar nicht den Bildern und der Makler gibt zu, dass die Bilder schon 2 Jahre alt sind. Er zeigt uns noch eine Perry 45, etwa 35 Jahre alt, ein sehr schönes Boot, aber nicht geräumig genug und sie hat nur ein Bad.
Obwohl es vorher schon klar ist, wird uns hier vor Augen geführt, dass ältere Boote im Vergleich zu neueren aufgrund der klassischen und schmalen Rumpfformen doch deutlich mehr Länge benötigen, um das gleiche Platzangebot wie eine kleinere moderne Yacht zu bieten. Also ändern wir schon früh während der Bootssuche den Suchparameter Länge auf 45 bis 50 Fuß. Die nächste Fahrt mit dem Auto führt uns wieder in die Niederlande, wo wir eine Cheoy Lee 47 besichtigten, ein GFK-Boot, in den 80igern in Taiwan und China gebaut. Zwischenzeitlich hatten wir auch GFK-Boote einbezogen, da insbesondere die älteren ein deutlich dickeres Laminat haben als viele der heutzutage gebauten Boote. Bootsbauer Kai war in dieser Zeit ein intensiver und sehr wertvoller Berater. Herzlichen Dank dafür! Über die verschiedenen Materialien wie Aluminium, Stahl und GFK könnte man viel schreiben, alle drei haben ihre Vor- und Nachteile.
Ich hatte mich sehr auf diese Cheoy Lee gefreut, sie im Geiste schon gekauft und mein Refit geplant. Jedoch gerade sind wir an Bord, da teilt der Makler schon mit, dass sie Osmose hat. Klasse, denke ich, das hätte er auch schon am Telefon sagen können. Anke mag das Boot überhaupt nicht, es ist ihr zu dunkel und abgewohnt. Der Makler zeigt uns danach noch eine Irwin. Die sieht vom Platzangebot her schon ganz gut aus, denn das Boot ist von den Eignern am Heck um 1 m auf 49 Fuß verlängert worden, was auch ganz gut gemacht ist. Auf meine Frage, ob denn auch die Segelfläche angepasst worden ist, schaute mich der Makler etwas konsterniert an und meint, wohl eher nicht. Anke gefällt auch dieses Boot nicht, da es zu ungepflegt ist. Für mich ist es auch raus.
Danach gibt es viele weitere Internet-Recherchen. Die Boote, die mir vorschweben, sind eher Expeditionsschiffe aus Metall, mit denen sich Anke überhaupt nicht anfreunden kann. Sie sind ihr zu klobig und sie will schon ein Boot mit „Yachtcharakter“. Klar kann ich mich auch darüber hinwegsetzen, aber ich möchte unbedingt eins kaufen, dass uns beiden gefällt und auf dem wir uns beide wohlfühlen. Später im Januar auf der Messe in Düsseldorf treffen wir Carsten Rettig von Yachtall und ich erzähle ihm, wie unsere Bootssuche verläuft. Da nimmt er mich zu Seite und sagt: „Martin, die Boote kaufen immer die Frauen!“ Wir lachen herzhaft! Aber da ist scheinbar schon etwas Wahres dran!
Wir sind zeitlich noch im November. Anke sieht ein tolles Video auf YouTube über eine Amel Santorin eines britischen Pärchens, die gerade in Neuseeland sind, und schlägt diesen Bootstyp vor. Amels haben uns auch schon interessiert, sind bisher jedoch noch nicht so im Fokus gewesen. Vor einem Jahr war ich bei unserem Freund Helmut an Bord seiner Super Maramu Red Line, ein tolles Schiff. Für mich würde eine Amel auch passen. Hier scheint es eine große Schnittmenge zwischen Anke und mir zu geben. Also konzentrieren wir uns auf Santorins, die jedoch schon etwas weiter entfernt sind, und wir müssen nach Hyères in Südfrankreich und Malaga in Spanien fliegen. Es ist für mich auch ein willkommener Kurzurlaub, denn mir fällt nach ein paar Wochen Zuhause schon die Decke auf den Kopf, bin ich doch vorher 9 Monate auf dem Boot gewesen.
Wir fliegen nach Südfrankreich und telefonieren noch während der Autofahrt zum Hotel mit dem Makler, um die genaue Zeit für den nächsten Tag festzulegen. Er räumt schon ein, dass Boot sei nicht so aufgeräumt, da der Eigner noch darauf lebt. Wir machen uns keine großen Gedanken dazu. Um den Feuchtegehalt des Rumpfes zu messen, habe ich mir ein Feuchtemessgerät zugelegt. Wenn das Boot im Wasser ist, kann ich damit zumindest von innen messen und natürlich auch an Deck. Es gibt zwei Einstellungen, 10 mm und 25 mm Messtiefe. Normal ist eine Rumpffeuchte von 3,5 %, wie ich im Internet recherchiere, natürlich misst man von außen. Von innen gemessen müsste es weniger sein, da ja die Feuchte von außen hereinzieht.
Wir kommen nun zu dieser Amel Santorin in Hyères, Baujahr Anfang der 90er, Center-Cockpit, Slup (1 Mast), 46 Fuß, VB 130 k Euro, im Wasser. Der Eigner und der Makler begrüßen uns. Ich frage, wann es das letzte Mal aus dem Wasser gewesen sei, um den Rumpf zu trocknen. Die Antwort ist, dass der derzeitige Eigner sie nie länger aus dem Wasser genommen hätte, immer nur kurz für neues Antifouling. Amels bekommen keine Osmose, fügt der Eigner noch hinzu. Da kann ich leider zwei Beispiele von Amels mit Osmose nennen, worauf mich Eigner und Makler nur groß ansehen. Die Rumpffeuchte liegt von innen gemessen an einigen Stellen bei über 4 %. Aus meiner Sicht ist das zu hoch.
Unter Deck ist das Boot unaufgeräumt, verdreckt und abgewohnt, Schimmel im Kühlschrank und es riecht unangenehm. Wir wollen nur noch raus und an Deck. Um uns noch einen weiteren Anreiz zu geben, sagt der Eigner noch, er würde sogar alles an Bord lassen. Das gibt Anke und mir den Rest. Schnell bedanken wir uns und fast fluchtartig verlassen wir das Schiff. Den Makler rufe ich nachmittags noch an und teile ihm mit, dass diese Santorin für uns nicht in Frage kommt.
Nach diesem Erlebnis schlendern wir durch die Marina von Hyères und halten nach Booten Ausschau, die vielleicht zum Verkauf stehen. Tatsächlich liegt dort eine Amel Mango, Center-Cockpit, Ketsch (2 Masten), 52 Fuß. Mit diesem Typ hatte ich mich noch nicht beschäftigt und bei meiner Internetrecherche sind sie nicht aufgetaucht, da ich die Länge bis 50 Fuß eingegeben hatte. Eine französische Telefonnummer steht auf einem Schild am Heck. Zum Glück spricht Anke Französisch und wir rufen spontan an. Der Eigner meldet sich, ist gerade in der Karibik und erst in 3 Wochen wieder da. Da unser Flieger schon am nächsten Tag nach Spanien geht, will er einen Freund vorbeischicken, der uns das Boot zeigt. 175 k Euro soll es kosten, was über unserem Budget liegt. Aber Anschauen kostet ja nichts.
Unser Budget haben wir in den letzten Wochen permanent nach oben angepasst. Mit 120 k Euro sind wir gestartet. Aber dafür ist nichts zu bekommen, was unseren Vorstellungen entspricht. Dabei rechne ich immer die gesamten Projektkosten aus, also Anschaffungspreis und Refitbedarf. Das Geld von der Versicherung für die Jambo reicht natürlich nicht aus, sodass ich Rücklagen auflösen will, um es finanziell darstellen zu können.
Als wir auf den Freund des Eigners warten, kommt ein freundlicher Franzose vorbei, mit dem wir ins Gespräch kommen. Er hat eine Amel 54 am selben Steg. Die ist noch etwas größer als die Mango, vor der wir stehen. Anke findet die Mango recht groß und sie fragt, wieviel Crew er zum Segeln seiner 54er benötige. Da sagt er, er segelt sie meistens alleine, alles geht aus dem Center-Cockpit und die Segel können teilweise elektrisch bedient werden. Das beruhigt Anke etwas, aber das Anlegen mit großem Boot bleibt natürlich trotzdem. Ich fand die Mango nicht zu groß, denn man kann alles lernen und wächst mit den Aufgaben. Das Segeln stelle ich mir bei dieser Ketsch tatsächlich auch nicht so schwierig vor, denn die Segel verteilen sich auf drei und sind dadurch etwas kleiner als bei der Slup. Auch hier laufen die Leinen ins Cockpit. Also muss man während des Segelns nur selten aus dem sicheren Cockpit heraus an Deck.
Der Freund des Eigners kommt und zeigt uns das Boot. Wenn man dann darauf steht, wirkt sie noch ein wenig größer. Unter Deck sieht alles sehr gepflegt aus, ganz im Gegensatz zu der Santorin noch ein paar Stunden zuvor. Trotz ihres Alters (in den 80er Jahren gebaut) ist sie nicht so abgewohnt und das Holz ist noch schön. Die Galley und das Center-Cockpit sind größer als auf der Santorin und auch unter Deck gibt es natürlich mehr Platz. Ich finde sie toll und auch Anke fühlt sich wohl an Bord. Die Rumpffeuchte von Innen gemessen liegt teilweise an einigen Stellen bei knapp 5%.
Für das Boot wurde auch vor ein paar Monaten ein Gutachten erstellt, das wir bekommen. Es ist auf Französisch. Wir bedanken uns für die Führung. Im Hotel bemühen wir die Google-Translate-App und schauen uns die 60 Seiten an. Es gibt schon einige Mängel und auf einer der Seiten steht es, der Rumpf wirft an einigen Stellen Blasen und sie hat Osmose. Der Gutachter empfiehlt eine komplette Rumpfsanierung. Damit ist sie natürlich bei diesem Preis raus.
Wir fliegen nach Spanien und schauen uns ein paar Tage später mit einem spanischen Makler die nächste Santorin an, VB 145 k Euro, Slup, im Wasser. Auch hier ist der Rumpf scheinbar etwas feucht, über 4 % messe ich. Aber unter Deck sieht sie ganz in Ordnung aus, ist jedoch nicht sehr üppig ausgestattet. Als ich den Motorraum inspiziere, ist der Motor schon warm. Also hat der Makler ihn vorher laufen lassen. Ich hätte lieber den Start bei kaltem Motor gesehen. Der Makler wirft ihn an, die Stundenzahl ist schon recht hoch, ich glaube es sind um die 5000 Stunden. Aus dem Auspuff kommt bläulicher Qualm und auf der Wasseroberfläche bildet sich ein Ölfilm. Wir bedanken uns und lassen später per Email wissen, dass wir nicht mehr interessiert sind. Wir fliegen nach Hause, haben mittlerweile 7 Boote gesehen und noch nicht einmal ein Angebot machen können, da immer irgendetwas Gravierendes nicht in Ordnung gewesen ist.
Es ist noch Anfang Dezember und die Recherche geht weiter. Zumindest wissen wir nun, was wir wollen. Amels sind im Fokus, aber auch Moody und Westerly finde ich gut. Viele von den letzteren beiden gibt es in der gesuchten Größe nicht auf dem Markt. Die skandinavischen Boote sind aufgrund des deutlich höheren Preises leider raus. Mangos nehme ich natürlich mit in den Suchfokus auf, womit wir uns damit von unserer 50-Fuß-Obergrenze verabschieden. Das Budget wird auch nochmals erhöht, maximal alles in allem liegt es nun bei 180 k Euro. Super Maramus aus den 90igern gibt es auch schon in der Preisklasse, wenn man eine Verhandlungsspanne vom VB-Preis abzieht. Also beziehe ich sie ebenfalls ein. Die Super Maramu ist quasi das Nachfolgemodell der Mango, ich meine, ab 1990 oder 1989 gebaut, und auch etwa 53 Fuß lang.
Die VB-Preise für die wenigen Mangos liegen im Dezember und Januar zwischen 150 k und tatsächlich weit über 200 k Euros, trotz des hohen Alters, 35 bis 40 Jahre. Eine liegt in Kanada und ist die teuerste, eine in Frankreich und eine an der Ostsee. Ich rufe den Makler an der Ostsee an und er ist wirklich sehr kompetent. Ich verabrede mich zwischen Weihnachten und Neujahr mit ihm. Unser Freund Helmut hat einen Freund an der Küste, der Amel-Experte ist, Wolfgang. Wolfgang, ein netter und sachkundiger Mensch, hat zum Glück Zeit. Wir treffen uns am Abend vor der Besichtigung auf ein Bier und quatschen schon mal über das Boot. Wolfgang kennt sogar dieses Boot und auch ein wenig über die Historie. Es ist sehr viel daran gemacht worden, einiges ist gut, andere Dinge aber auch nicht so gut.
Wir treffen uns am nächsten Tag am Boot mit dem Makler. Die Mango steht an Land und wir können auch das Unterwasserschiff inspizieren. Wie schon auf Fotos zu erkennen war, ist zwischen dem GFK-Teil des Kiels und dem untergebolzten Eisenkiel ein Spalt. Also hat sich der Eisenkiel abgesetzt. Was da der Sanierungsaufwand ist, müsste ein Gutachter sagen. Die Rumpffeuchte ist von außen gemessen sehr hoch, 3 % bis 7 %, aber es sind keine Bläschen zu erkennen. Referenzwerte bei Nachbarbooten zeigen deutlich geringere Feuchtewerte. Unter Deck riecht es nach Diesel. Trotzdem schauen wir uns jedes Detail an. Ich lerne von Wolfgang sehr viel über diesen Bootstyp und worauf man achten muss. Nach 3 Stunden verabschieden wir uns und am nächsten Tag sage ich dem Makler wegen des Dieselgeruchs ab.
Wieder einmal heißt es, abhaken und sich auf die nächsten Boote konzentrieren. An der französischen Atlantikküste steht ja noch eine andere Mango. Die finde ich auch interessant, mittlerweile ist die Anzeige jedoch aktualisiert worden und nun hat sie Osmose, die aber behandelt werden würde. Ich mache einen Termin für Anfang Januar aus. Um nicht nur für dieses eine Boot mit dem Auto 900 km hin- und zurückzufahren, schaue ich, welche Boote in der Nähe noch in Frage kommen. Da ist noch eine Moody 46 und eine Super Maramu. Zum Glück kann ich alle drei Termine unter einen Hut bekommen.
Ich fahre nach Frankreich und treffe den Eigner noch am Vorabend des eigentlichen Termins an seiner Mango, die er wegen der Osmose gerade abschleift. 1/3 hat er schon geschafft. Er ist sehr nett, spricht ganz gutes Englisch und erzählt, dass sie eigentlich schon verkauft ist, da am Vortag ein Pärchen da war und sie wollen die Mango wohl nehmen. Na gut, denke ich, er hätte mir auch schon vor meiner Fahrt sagen können, dass das Boot unter Angebot ist. Trotzdem will ich auch nicht unverrichteter Dinge wieder abfahren. Also treffen wir uns am nächsten Morgen und auf meine Frage, ob sich das Pärchen entschieden hätte, es zu kaufen, sagt er, nein, er hätte gestern nicht dieses Boot sondern ein anderes gemeint. Er hätte zwei Boote. Das sei ein Missverständnis gewesen und sein Englisch sei nicht so gut. Seine Mango ist noch zum Verkauf. Ich weiß bis heute nicht, was ich von dieser Geschichte halten soll.
Ich inspiziere das Boot, ja es hat Osmose, die behandelt wird. Die Vorarbeiten macht er selbst und dann soll den Rest eine Firma übernehmen, die dann den Rumpf sandstrahlt und hinterher neu aufbaut. Ich schaue mir alles an und bin so ganz zufrieden. Ich mache ein mündliches Angebot mit der entsprechenden Inventarliste. Osmose würde ich lieber selber machen lassen und die Kosten würde ich mir mit ihm teilen. Ich setze sie grob mit 20 k Euro an. Ich würde das Schiff nach Deutschland segeln und es dort machen lassen. Dabei habe ich die Firma Wrede im Kopf und will dort anrufen, wenn wir uns einig sind. Ich verabschiede mich mit einem ganz guten Gefühl und lasse ihn wissen, dass ich ihm noch eine Email schreibe. Endlich kann ich auch einmal ein Angebot machen. Es geht voran!
Ich fahre weiter und schaue mir die Moody an, 46 Fuß, Slup, 90er Jahre, im Wasser. Den VB-Preis weiß ich nicht mehr so genau, ich glaube, er war so um die 120 k Euro. Der Makler ist auch sehr kompetent. Die Moody sieht gut aus, bietet für mich jedoch trotz ihrer Größe, sehr wenig Stauraum. In der 3. Kabine haben die Eigner alle ihre Sachen untergebracht, denn unter den Salonbänken ist gar kein Platz. Es ist schade und noch vor Ort sage ich ab. Weiter geht’s zum nächsten Schiff, der Super Maramu, VB 175 k Euro, Ketsch, 90iger Jahre, im Wasser. Auch hier ist der Makler, den ich am nächsten Morgen treffe, sehr bemüht. Der Besuch ist kurz, da ich als erstes die Rumpffeuchte messe. 4 bis 5 % sind es vorne. Mittschiffs kann ich gar nicht messen, da wir die Bodenbretter nicht hochheben können, weil sie verklemmt sind. Ich breche ab, bedanke und verabschiede mich nach nur 30 min und fahre meine 900 km wieder nach Hause.
Nach meiner Rückkehr in Deutschland schreibe ich meine Email an den Besitzer der Mango und unterbreite ihm den Vorschlag, den ich ihm schon mündlich gemacht habe, die Inventarliste, die ich mir Ende Dezember, also nur 2 Wochen vorher, heruntergeladen habe, hänge ich an. Aber in seiner Antwort stellt sich heraus, dass er das Dinghi und den Außenborder im Wert von 4.500 Euro herausgenommen hat. Ich hätte noch die alte Liste. Wir kommen nicht zusammen, was im Nachhinein gut ist. Denn die Kosten und der zeitliche Aufwand einer Osmosebehandlung sind im Vorfeld nicht unbedingt vollumfänglich absehbar.
Es gibt dann noch eine Santorin in Indonesien, aber da ist mir das Risiko zu hoch und die Anreise zu teuer. Ähnlich geht es mir mit den Amels in Papeete, und der Karibik, die auch in Frage kämen. Erst einmal habe ich genug von der Bootssuche und brauche eine Pause. Ich schaue nicht mehr so intensiv.
Ende Januar wird dann die Santorin des Freundes eines Freundes interessant. Das Boot hat lange an Land gestanden und sollte somit trocken sein. Es soll im Februar wieder eingewassert werden und könnte im März auf Martinique besichtigt werden. Aber nach dem Telefonat mit dem Eigner zerschlägt es sich, da er seine Santorin dann doch erst nach Europa segeln will und sie erst im Sommer zur Verfügung stehen soll. Also wird auch dieses Boot abgehakt. Anke entdeckt noch am selben Abend in den sozialen Medien einen Beitrag, dass eine Mango bald zum Verkauf angeboten wird, Liegeplatz Türkei. Eher lustlos willige ich ein, eine Nachricht zu schreiben. Wir bekommen ein Exposé und einige Fotos. Das sieht recht gut aus, Refit gemacht, sehr gut ausgestattet, das Rigg ist 2023 erneuert worden, Navigationselektronik von Raymarine 2023, aber mit altem B&G gemischt, EU-versteuert etc. Der VB-Preis liegt über 200 k Euro, was für uns zu hoch ist, aber vielleicht kann man sich einigen. Sie ist 35 Jahre alt und ich vermute aufgrund meiner Erfahrung der letzten Monate, dass der Rumpf wie bei den anderen alten Schiffen wahrscheinlich wieder feucht sein könnte. Trotzdem beschließen wir hinzufliegen. Wenn es nichts ist, dann machen wir uns ein paar schöne Tage in der Türkei.
Ein paar Tage später sind wir dort und treffen das Eignerpaar. Es sind sehr nette Menschen und die Chemie stimmt auf Anhieb, auch das zum ersten Mal. Leider müssen sie ihre Mango aus familiären Gründen verkaufen. Das Schiff haben sie vor 2 Jahren von ihrem Vater gekauft, ein Refit gemacht und es liebevoll ausgestattet, um selber auf große Fahrt zu gehen.
Ohne große Erwartungen messe ich natürlich als erstes die Rumpffeuchte und die Werte sind überraschend gut, 1 bis 1,5 %, an einigen wenigen Stellen 2%. Das sieht richtig gut aus, genauso wie der Rest. Ein kleines Refit wäre jedoch erforderlich, neue Polster, das vordere Bad muss gemacht werden und die Navigationselektronik ergänzt werden, um den B&G-Teil herausnehmen. Noch am selben Tag werden wir uns einig. Eine Woche später, als wir wieder in Deutschland sind, wird der Kaufvertrag schriftlich geschlossen. Anfang März fliegen wir mit unserem Gutachter Helmut hin. Alles ist in Ordnung. Im Kran messen wir an den in der Sonne getrockneten Stellen 2 % bis 3% Rumpffeuchte. Ich atme auf. Also war meine Methode von innen zu messen scheinbar gar nicht so schlecht und zumindest eine Indikation gewesen. Aber die Laminatstärke im Rumpfbereich bei den besichtigten Booten lag meistens auch bei mindestens 25 mm. Ein paar Tage später übernehmen wir das Schiff.
Wir haben sie also gefunden, nach langer Suche, dann am Ende doch eher zufällig. Gradlinig war die monatelange Suche nicht. Aber Anke und ich haben in der Zeit den Bootstyp gefunden, den wir beide mögen. Mir lag die Mango seit der ersten Besichtigung in Hyères mehr als die Santorin und bei Anke war es anfangs eher umgekehrt. Letztendlich ist diese Mango das, was wir beide wollen und worauf wir uns wohlfühlen. Sie ist unser neues Baby.
Hat sie alles, was ich anfangs gesucht habe? Ja, denn die ursprünglichen Suchparameter waren: deutlich robuster und größer als die Jambo, mit Ruder am Skeg und möglichst zwei Bädern. All das hat sie. Sie bietet ein wohnliches Ambiente und deutlich mehr Platz als die Jambo. Anfangs werde ich mich wohl ab und zu dabei ertappen, dass ich unsere Mango mit der gesunkenen Jambo vergleiche. Aber das ist für mich o.k.
Zusätzlich hat diese Mango voneinander getrennte Sektionen, die gegeneinander wasserdicht sind: Ankerkasten und vordere Backskisten, Vorschiffkabine mit vorderem Bad (Schott mit einer Gummilippe an der Tür, welche mit 2 Balken und Spannschrauben fest gegen die Lippe gesetzt werden kann, sodass sie auch bei Innendruck hält), Salon und Achternkabine (der größte Bereich, kein Schott an der Achternkabinentür), Motorraum und hintere Backskiste.
Das bedeutet, selbst im schlimmsten Fall, wenn ein Loch im Salon wäre, sinkt das Boot nicht, da die anderen Bereiche Auftrieb geben. Dadurch bleibt Zeit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, zumindest bei einfachen Bedingungen. Alles in allem ist sie ein sicheres Langfahrtschiff und hat meine ursprünglichen Suchparameter sogar übertroffen.
Comeback soll sie heißen und wird in den nächsten Wochen so getauft. Vergleichend mit ihrer Vorgängerin kann ich auch das mit ihr segeln, was ich mich mit der Jambo vielleicht nicht getraut hätte, somit passt sie sehr gut zu unseren Segelplänen. Erst einmal bleiben wir in der Türkei. Hier wollen wir Polster und Bad machen lassen. Dann möchten wir im Sommer in Griechenland segeln, wo Tobias Lepper von Lepper Marine und ich die Navigationselektronik ergänzen wollen. Danach geht es nach Spanien, Karibik, Panamakanal, Pazifik. Den ursprünglichen Plan, durch den Südatlantik über Kapstadt nach Australien zu segeln, habe ich nicht wieder aufgenommen, da ich die Comeback noch nicht so gut kenne und deshalb die eher leichtere Route nach Australien wähle, auf der auch Amel-Stützpunkte sind (Martinique und Tahiti), falls etwas repariert werden muss und ich Ersatzteile benötige.
Wir freuen uns auf alles, was kommt! 😀⛵️⛵️
Hi Martin und Anke,
So ziemlich alle Videos der letzten Jahre mit eurer Jambo haben wir über youtube angesehen. Die Bavaria war schon ein sehr schönes Schiff. Der Mastbruch war sicher ärgerlich, jedoch gegenüber dem Totalverlust auf hoher See wohl nur ein kleineres Übel, aber auch lästig allemal. Beim Stöbern komme ich nun auf diesen neueren Bericht und, zu meiner Überrachung, der Kauf eines Amel-Schiffes ist perfekt. Zu meiner Vita: letzten Monat habe ich meinen 80. gefeiert, Führerscheine 1983, Motorboote und später eine 24″ Nautika besessen (gut trailerbar dank Hubkiel mehrmals von Hannover nach Kroatien). Meine Frau Uschi, auch stolz auf ihre Motor- u. Segelbootsscheine, war schon immer gern auf dem Wasser. Dann 1989 Kauf einer Amel-Sharki Bj. 1982 für 200 TSD DM. In der Yacht-Zeitschrift gefunden, per Auto nach St. Laurent du Var bei Nizza, Eigner, ein Franzose konnte gut Englisch, Boot gekrant u. gekauft. Nach einigen Jahren mit wenig Verlust wieder verkauft. Anschließend auch in der Karibik mehrmals Boote gechartert, so auch eine Amel-Mango mit Törn von Trinidad zu den ABC-Inseln. Seit 2019 haben wir nun die Reviere in Holland kennen und lieben gelernt. Nur zu zweit mit Uschi sind wir jedes Jahr 3 oder 4 Wochen am Stück mit einer sogen. Doerak unterwegs, je nach Verfügbarkeit 9,0 oder auch10m bis 11,5m lang, ab Sneek. Die Kanalrouten von Groningen bis runter nach Zwolle sind sehr schön, ihr als Hollandkenner könnt das sicherlich bestätigen. Diese Schiffe haben sehr viel Komfort: Bug- u. Heckstrahlruder, 400 Ltr. Wasser, die größeren auch mit 800 Ltr. Abwassertank natürlich entsprechend. Freie Liegeplätze (Marrekriete) ca. 3000!! in Friesland. Ich schreibe euch, weil es als Ex-Amel-Eigner doch verständlicherweise sehr interessant sein dürfte, euch auf den nächsten Törns online auf eurer Mango begleiten zu können – setze ich mal voraus und wir freuen uns drauf. Mitte 2024 schippern wir wieder für 4 Wochen durch Nordholland und hoffen auf schöne Clips von euch. Mit den besten Grüßen aus Hannover.
Beste
Habe viele Filme von Ihren und der Jambo mit großer Faszination gesehen, obwohl ich kein Segler bin, war ich besonders von der Atlantiküberquerung total begeistert.
Wünsche Ihnen mit der neuen Yacht viel Glück.
Viele Grüße
Gerd Schneidee
Ein sehr sehr interessanter Beitrag,der mir gut gefallen hat!😊Eine Bootssuche mit glücklichem Ausgang.
Vor vielen Jahren sind wir begeisterte Segler gewesen und konnten aus familiären Gründen dieses tolle Hobby nicht mehr ausüben und wünschen Ihnen viel Glück 🍀👍🏼